Selbstständigkeit: Mitarbeiter einstellen oder mit Freelancern arbeiten?

Junge Startups und etablierte Unternehmen stellen sich zurecht die Frage, ob es wirtschaftlich sinnvoller ist mit Freelancern oder mit Angestellten zu arbeiten. Gründer machen oft am Anfang ganz viel in Eigenleistung, doch schließen sie die ersten Geschäfte ab, steigt auch das Arbeitspensum. Irgendwann sind die Anforderungen so zeitintensiv, dass die Arbeit allein nicht mehr zu bewältigen ist. Spätestens jetzt drängt sich die Frage auf, wer die anstehenden Aufgaben erledigen kann. Dieser Beitrag beleuchtet die Frage, ob Freelancer oder feste Mitarbeiter die bessere Lösung sind.

Mit (freien) Mitarbeitern immer Verträge schließen

Egal, ob es ein fest angestellter Mitarbeiter oder ein Freelance ist, ein Vertrag sollte generell Grundlage der Zusammenarbeit sein. Nur auf Basis eines Vertrags haben Auftraggeber bzw. Arbeitgeber die Option, Leistungen einzufordern und im Streitfall wirksam gegen den Vertragspartner vorzugehen. Bevor es in die wirtschaftliche Betrachtung der Unterschiede zwischen Freelancern und angestellte Mitarbeitern geht, soll das Augenmerk auf den Sachverhalt der Scheinselbstständigkeit gelegt werden.
Freelancer: Vorsicht, Scheinselbstständigkeit
Wenn Auftraggeber mit einem Freelancer einen Vertrag aushandeln, minimieren sie gleichzeitig das Risiko der Scheinselbstständigkeit. Eine Scheinselbstständigkeit liegt vor, wenn ein Freelancer

  • praktisch weisungsgebunden arbeitet,
  • stark in die Arbeitsorganisation eingegliedert ist,
  • wie ein Mitarbeiter beschäftigt wird und
  • seine Tätigkeit auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber ausgeübt wird.

Ob ein Freelancer tatsächlich keine anderen Auftraggeber hat, können Auftraggeber anhand von Indizien nur vermuten. Sind die Rechnungsnummern über das Jahr gesehen fortlaufend oder weisen nur wenige Lücken auf, ist das Risiko hoch, dass keine weiteren oder nur unwesentlich wenige andere Auftraggeber mit dem Freelancer zusammenarbeiten.
In einem Vertrag mit einem Freelancer steht nicht nur der Leistungsumfang drin, sondern es wird auch die Eigenverantwortlichkeit thematisiert und, dass weder fachliche noch disziplinarische Weisungen zwischen Auftraggeber und Freelancer stattfinden dürfen. Ein solcher Vertrag ist ein Indiz, dass keine Scheinselbstständigkeit vorliegt.
Im Rahmen von Betriebsprüfungen wird Scheinselbstständigkeit oftmals nachträglich festgestellt. Im schlimmsten Fall drohen Auftraggebern Klagen wegen Sozialversicherungsbetrugs. Falls eine Scheinselbstständigkeit festgestellt wird, müssen Auftraggeber Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer nachbezahlen. Das kann richtig teuer werden.
Tipp: Beim Freelancer direkt nachfragen und sich eine schriftliche Bestätigung geben lassen, dass mehrere Auftraggeber zum Kundenkreis gehören und keine Scheinselbstständigkeit vorliegen kann.
Weitere Informationen zum Sachverhalt liefert die IHK Frankfurt in diesem Merkblatt zur Scheinselbstständigkeit.

Freelancer stehen auf Abruf bereit und verursachen nur bei Beauftragung Kosten

Entscheiden sich Unternehmer dazu, einen freien Mitarbeiter einzustellen, haben sie meist den finanziellen Aspekt vor Augen. Schließlich führen Freelancer nur dann Aufträge auf aus, wenn sie erteilt werden und verursachen auch nur dann Kosten – wichtig ist jedoch zu wissen, dass tatsächlich nicht jeder immer auf Abruf bereit steht, denn viele Freelancer schätzen mittlerweile ihr Leben als digitale Nomaden.
Die Kosten für einen Freelancer sind mitunter recht üppig. Stundensätze ab 40 Euro sind üblich, sie reichen allerdings bis weit über 200 Euro und mehr – es kommt auf die Leistung und die Reputation an. Einer der Gründe für grundsätzlich höhere Stundensätze im Vergleich zu Angestellten ist, dass ein Freelancer mit dem vereinbarten Honorar unter anderem Projektausfallzeiten, Urlaub, Steuern, Versicherungen und sonstige Fixkosten sowie laufenden Kosten bewältigen muss.

Das gilt insbesondere für die Künstlersozialabgabe

Doch Vorsicht, in manchen Bereichen müssen Auftraggeber zusätzlich zum Honorar weitere Abgaben für den Freelancer leisten. Das gilt insbesondere für die Künstlersozialabgabe. Wer einen Künstler frei beschäftigt, muss in der Regel eine Meldung bei der Künstlersozialkasse (KSK) machen und einen gewissen Prozentsatz bezogen auf die Nettokosten abführen. Der Abgabesatz lag 2020 bei 4,2 %. Als Künstler gelten zum Beispiel Grafik-Designer, Texter und Fotografen. Und auch auf die Kosten für darstellende Künstler, die einmalig auf einem Firmenevent für Abwechslung sorgen, müssen Künstlersozialabgaben entrichtet werden.
Beispiel: Ein Unternehmen lässt von einem Grafik-Designer die Website neu konzipieren und gestalten. Das verursacht Kosten in Höhe von 10.000 €. Zusätzlich dazu muss das Unternehmen 4,2 % = 420 € an die KSK abführen.

Angestellte Mitarbeitern sind weisungsgebunden und verursachen Fixkosten

Im Gegensatz zu Freelancern kosten Mitarbeiter „ständig“ Geld. Ob sie Urlaub machen oder krank werden, ob sie schlechte Arbeit leisten oder etwas im Betrieb beschädigen: Arbeitgeber haften für ihr Fehlverhalten und müssen sie Monat für Monat mit dem vereinbarten Betrag entlohnen. Und nicht nur der Lohn ist es, den Arbeitgeber bezahlen müssen. Es kommen weitere Abgabepflichten hinzu. Unter anderem sind Beiträge zur Sozialversicherung zu bezahlen. Dazu gehören

  • Krankenversicherung,
  • Pflegeversicherung und
  • Berufsgenossenschaft.

Auch Altersvorsorgebeiträge sind in vielen Fällen arbeitgeberfinanziert oder werden durch Zuschüsse seitens des Arbeitgebers aufgebessert. Die regelmäßige Abrechnung kostet Monat für Monat Geld beim Steuerberater. Alternativ können Unternehmen mit dem passenden Lohnabrechnungsprogramm einfach selbst die monatliche Abrechnung erstellen. Neben den obligatorischen Meldungen an die Sozialversicherungsträger erstellen professionelle Abrechnungen über Reisekosten und anderes mehr. Das spart unterm Strich kosten beim Steuerberater.

Was ist die bessere Wahl? Freelancer oder Mitarbeiter?

Eine pauschale Antwort auf die Frage, ob ein Freelancer oder ein fest angestellter Mitarbeiter die bessere Wahl ist, gibt es nicht. Viele Aspekte spielen bei der Beurteilung eine Rolle. Anhand der folgenden Liste werden die wesentlichen Vor- und Nachteile aufgelistet.

Freelancer vs. Angestellte

Freelancer Freelancer Angestellte
+ flexibel einsetzbar
+ ständig verfügbar
+ verursachten Kosten bei Beauftragung
+ vergleichsweise geringe Kosten
+ bei Minderleistungen können Kosten gekürzt werden
+ je nach Vertrag moderate Überstundenabgeltung oder Überstundenabbau
+ hohes Engagement
– gleiches Gehalt, egal bei welcher Leistung
– manchmal sehr hohe Stundensätze
– volle Kosten auch bei Abwesenheit (Krankheit, Urlaub)
– Freelance haben in der Regel keine Vertretung; fällt ein Freelance aus, bleibt die Aufgabe liegen – permanente Fixkosten, auch bei schlechter Auftragslage
– Wissen wird extern aufgebaut; geht ein Freelance, ist das Wissen verloren
– Freelancer erlangen Wissen über betriebliche Interna und können diese gegebenenfalls zu unlauteren Zwecken nutzen
+ flexibel einsetzbar
+ ständig verfügbar
+ verursachten Kosten bei Beauftragung
+ vergleichsweise geringe Kosten
+ bei Minderleistungen können Kosten gekürzt werden
+ je nach Vertrag moderate Überstundenabgeltung oder Überstundenabbau
+ hohes Engagement
– gleiches Gehalt, egal bei welcher Leistung
– manchmal sehr hohe Stundensätze
– volle Kosten auch bei Abwesenheit (Krankheit, Urlaub)
– Freelance haben in der Regel keine Vertretung; fällt ein Freelance aus, bleibt die Aufgabe liegen
– permanente Fixkosten, auch bei schlechter Auftragslage

Freelancer und Angestellte parallel

Freelancer können in bestimmten Situationen und betrieblichen Sachverhalten eine gute Lösung sein. Bei Projekten, die nicht zu den Kernkompetenzen eines Unternehmens gehören, ergänzen Freelancer mit einer professionellen Dienstleistung. Freelance bringen außerdem neue Ideen von außen, weil sie nicht an Betriebsblindheit leiden. Eine gesunde Kombination aus fest angestellten und freien Mitarbeitern ist in vielen Fällen eine wirtschaftliche Lösung, die sich in den meisten Branchen anbietet. Kooperationen im Mittelstand können durchaus auch mit Freelancern geschlossen werden.
Tipp: Ein Freelance sollte niemals so viel wissen und niemals so viel Verantwortung tragen, dass ein Ausfall für ein Unternehmen problematisch werden könnte. Hier ist es aus unternehmerischer Sicht sinnvoller, ein Projekt auf mehrere Schultern zu verteilen und damit das Risiko zu splitten.

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