Anleitung zum kleinen Glück

Wer oder was ist für das eigene Glück verantwortlich? Diese Frage stellen wir uns, wenn wir gerade nicht besonders zufrieden mit unserem Leben sind und denken, es wäre Zeit, etwas zu ändern. Doch wovon sprechen wir eigentlich, wenn wir vom glücklich sein sprechen? Dem Ausspruch „Glück gehabt!“ unterliegt immer etwas Schicksalhaftes, nicht Berechenbares, etwas, worauf wir keinen Einfluss hätten. Sicher gibt es diese Art von Glück: Der Gewinn in einer Lotterie oder im Spiel, die Begegnung mit etwas Unerwartetem, das unserem Leben eine ganz neue Richtung gibt oder die knappe Vermeidung eines Unglücks. Diese Form des Glücks macht aber nur einen Bruchteil unseres Lebensglücks aus.

Haltung, Erwartung und Tun bestimmen unser Glücklichsein

Weit mehr bestimmt unser Glücklichsein unsere eigene Haltung, Erwartungen und Tun. Unsere Haltung ist tief verwurzelt durch Erziehung, Sozialisation und angeborenem Temperament. Sie lässt sich nur sehr schwer ändern, wenn wir zur Schwermut neigen, dem Schicksal bevorzugt grollen und das Leben an sich eher als Last, denn Lust ertragen. Unsere Existenz haben wir uns nicht aussuchen können. Wir sind ins Leben geworfen worden und aufgefordert dazu, etwas daraus zu machen. Das ist unsere angeborene Freiheit, über deren Gebrauch wir selbstverantwortlich verfügen – egal, ob wir das wollen oder nicht.

Es gibt kein Anspruch aufs Glück

Im Gegensatz zu unserer kaum noch veränderbaren Haltung gegenüber dem Glück, können wir jedoch bei unseren Erwartungen jederzeit etwas ändern. Wer unglücklich ist, weil seine Erwartungen nicht erfüllt wurden, muss mit seinen Ansprüchen ins Gericht gehen. Und wer ein ehrliches Urteil fällt, der muss zunächst konstatieren, dass es eben kein Anspruch aufs Glück gibt. Selbstverständlich sind Enttäuschungen berechtigt, wenn man sich zuvor große Hoffnung gemacht hat und besonders, wenn man sie sich machen durfte. Doch die Enttäuschung dem Schicksal als persönlichen Affront anzulasten, hilft keinem weiter. Eher die Zuversicht, dass auf eine verpasste Chance oft besseres nachfolgt.

Unglück und Glück hängen oft aneinander

Die Fähigkeit, sich unglückliche Ereignisse etwas relativieren zu können, ist oft schon ein guter Schritt, um glücklicher zu werden. Ein Beispiel: Verliere ich unterwegs durch eigene Unachtsamkeit Geld, stelle ich mir im Nachhinein zugleich das Glücksgefühl vor, dass ich dem unbekannten Finder bereitet habe. Das wiegt dann ein wenig meinen Ärger auf.

Das kleine Glück will zelebriert werden

Und die zweite Fähigkeit, die es lohnt auszubauen, ist das kleine Glück selbst zu zelebrieren. Das kleine Glück? Unter dem kleinen Glück verstehe ich Dinge, die mir Glücksgefühle hervorlocken, Endorphine produzieren und glückliche Momente in Erinnerung rufen. Ein berühmtes Beispiel dafür ist der Anblick und Verzehr einer „Madeleine“ im Roman „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ von Marcel Proust. Fast jeder hat einen Duft, eine Speise, einen Snack, ein Getränk oder ein Musikstück, dass ihn unweigerlich an einen glücklichen Moment oder Ort im vergangenen Leben zurückdenken lässt. Solche Dinge muss man nicht dem Zufall überlassen, die kann man planen und zelebrieren.

Unglück ist von kurzer Dauer

Wer den Grund für seinen Trübsal und das Unglücklichsein bei den äußeren Umständen und den Anderen sucht, kann es eigentlich nur für kurze Zeit tun. Natürlich gibt es Ereignisse und Schicksalsschläge, die einen traurig machen. Und selbstverständlich gibt es Menschen, die einen furchtbar runterziehen. Doch in diesen akuten Phasen gibt es nur ein Gegenmittel: Etwas dagegen tun. Unser Tun ist der größte Aktivposten, wenn es um unser Glücklichsein geht.

Wer nur Zerstreuung sucht, findet kein Glück

Nicht erst seit Paul Watzlawicks „Anleitung zum Unglücklichsein“ (1983 erschienen) wissen viele, dass man die Ursache des Unglücklichseins bei sich selbst suchen muss. Nicht selten ist es heute die eigene Lethargie, Trägheit und Langweile, die aus der wachsenden medialen Berieselung und Zerstreuung resultiert. Fast wie eine Droge wirken da Smartphone, Internet und seine sozialen Netzwerke, wo man sich stundenlang mit Wischen, Klicken und Scrollen die Zeit nett zu vertreiben glaubt. Doch dieser Zeitvertreib hat einen dicken Haken: Er lässt uns zunehmend inaktiv werden, verstärkt unsere Aufschieberitis (wissenschaftlich Prokrastination genannt) und erhöht letztlich die Unzufriedenheit mit sich selbst und behindert unser Glücksgefühl. Ja, manche macht er gar noch unglücklicher.

Wer sich hingegen selbst inspirieren kann und sich mit seinem Umfeld, seinen Freunden und Bekannten über Ideen und Umsetzungen austauscht – offline wie online -, der strahlt diese Zufriedenheit über das eigene kleine Glück auch aus.

Glück ist manchmal auch ein Stubenhocker

Eine besonders wichtige Rolle für das eigene, kleine Glück spielt auch das Wohlfühlen im eigenen Zuhause. Wer sich in seinen eigenen vier Wänden nicht wirklich zuhause fühlt und damit keinen Hort der Ruhe und des Rückzugs hat, der wird ständig negativ aufgeladen. Sicher, die Wohnsituation ist selten ideal. Jeder wünscht sich meist mehr Raum, mehr Licht, mehr Grün. Aber glaubt mir: Wer es nicht in der kleinsten Hütte will, der wird auch keinen Palast zu einer Wohlfühloase gestalten können. Ich will hier jetzt nicht groß über Ordnung philosophieren, denn ich denke, das weiß nun wirklich jeder selbst, dass das die Basis ist, um sein eigenes Zuhause wohnlicher zu machen. Darüber hinaus kann man aber auch noch viel für kleines Geld immer wieder umgestalten, verrücken, selbst gestalten oder neu dekorieren.

Zum Glück sollte alles seine Zeit haben

Und man kann auch sein Medienkonsum etwas ordnen, zeitlich und inhaltlich. Nachdem auch ich mal meine Phase als Medienjunkie hatte und irgendwann feststellte, dass ich Stunden am Tag mit Unwesentlichem verschenkte, habe ich mir gesagt, so geht das nicht weiter. Meine Zeit, mein Leben sind mir zu wertvoll dafür. Ich setzte mich eines Abends hin und notierte mir, welche Medienangebote ich wirklich gerne mag, mich bereichern oder entspannen lassen.

Heraus kam eine Liste und dann ein tägliches Ritual, was und wann ich mir etwas anschaue, anhöre oder lese. Täglich gibt es so ein bewusstes Einschalten für eine Sendung, einen Radiosender oder Podcast, genauso wie eine begrenzte Zeit für soziale Medien oder wildes Surfen im Internet. Und nach einem anstrengenden Tag, wo ich voll von klugen Gedanken und neuem Wissen bin, gönne ich mir dann auch mal einen trivialen Quatsch im Fernsehen oder Internet.

Etwas tun für das tägliche kleine Glück, sichert uns das Glücklichsein, wenn das große Glück dann auch mal an die Tür klopft. Denn auch hier gilt, Gleich und Gleich gesellt sich gern.

Bild von Free-Photos auf Pixabay

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