Die Architektur der Gemeinschaft 21.0 ist smart und ökologisch.

In unübersichtlichen und krisenerschütterten Zeiten, in der sich viele alte Identitäten wie Geschlechterrollen, soziale Schichten, religiöse Bindungen oder nationale Grenzen auflösen und neue Identitäten bestenfalls verschwommen in Sicht sind, suchen Menschen verstärkt nach einer Gemeinschaft, die ihnen Sicherheit verspricht und ihnen das Gefühl gibt, Rückhalt in einer Welt Gleichgesinnter zu haben.

Auskunft über die Befindlichkeit unserer Zeit

Der Begriff „Gemeinschaft“, der heute in unterschiedlichsten Kontexten verwendet wird, ist bereits seit einigen Jahren auf dem Vormarsch. Die innere gesellschaftliche Entwicklung zeigt sich auch in der Innen- und Außenarchitektur, die zugleich Auskunft über die Befindlichkeit unserer Zeit gibt. So lautet der Titel einer Ausstellung über unorthodoxe Wohnformen im Vitra Museum in Weil am Rhein, die noch bis 10. September 2020 zu sehen ist: „Together! Die Neue Architektur der Gemeinschaft“. Hier werden etwa 20 internationale Bauprojekte in Europa, Japan und den USA präsentiert, die innovative Orte für zeitgemäßes gemeinschaftliches Wohnen schaffen.

Die Feuerstelle gilt als erster Ort der Gemeinschaftsordnung

Eines der ältesten Symbole für Gemeinschaft ist die Küche, die etwas Archaisches hat, denn sie ist Feuer- und Wasserstelle. Zu den ersten sozialen menschlichen Betätigungen gehörte die Bereitung von Nahrungsmitteln mithilfe von Glut und Feuer. Die Feuerstelle gilt als erster Ort der Gemeinschaftsordnung. Heute ist die Küche ein Ort, in dem sich Familien, Freunde und Gäste versammeln. Oft enden hier die besten Partys. In Deutschland ist der Küchenmarkt ein Milliardengeschäft mit stetig wachsenden Umsätzen, wie Statistiken des Branchenverbandes Arbeitsgemeinschaft Die Moderne Küche (AMK) belegen. Vor allem das Label „Made in Germany“ ist ein Verkaufsschlager.

Zentrum der deutschen Küchenmöbelindustrie

Einen Vorgeschmack auf die Zukunft findet man auch auf Messen wie der diesjährigen Küchenmeile A30, die vom 16. bis 21. September 2020 für Kunden, Fachpresse und Fachbesucher Häcker Küchen „the place to be“ stattfindet. Das inhabergeführte Familienunternehmen produziert seit 1965 moderne Einbauküchen am Standort Rödinghausen (Ostwestfalen), dem Zentrum der deutschen Küchenmöbelindustrie. Über 1.450 Mitarbeiter erwirtschafteten im Jahr 2020 einen Umsatz von 512 Millionen Euro, der Exportanteil liegt aktuell bei rund 40 Prozent.

Neue „Heimeligkeit“, die auch für einen privaten Wohlfühl- und Rückzugsort steht

Gerade hat das Unternehmen den größten Umbau seiner Hausausstellung seit Firmengründung abgeschlossen. Die Ausstellungsflächen stehen unter dem Motto „Willkommen zu Hause“. Die neue „Heimeligkeit“, die auch für einen privaten Wohlfühl- und Rückzugsort steht, soll alle Sinne ansprechen. Erzeugt wird sie beispielsweise durch einen Industrielook, der mit warmen Holztönen kombiniert ist; einzelne Bereiche sind luftig und transparent gestaltet, und Kommunikations- und Inspirationsflächen gehen in offen gestaltete Küchenmilieus über. Neben einer Espressobar, dem Herzstück des neuen Meeting-Bereichs, sorgt ein danebengelegenes Gewächshaus für Licht und vermittelt ein Gefühl unmittelbarer Naturnähe – eingerahmt von Lounge-Möbeln. Damit wandelt sich die „Hausmesse weg vom reinen Anschauen hin zu echten Erleben“ (WORK 11, 2020).

Geräte mit weltweiten Datenströmen

Die moderne, innovative Küche steht zwar im Fokus, aber sie braucht auch gesellschaftliche und ökologische Verankerungen, denn Produktentwicklung und –präsentation können nicht losgelöst stattfinden. Gewiss prägt das Internet der Dinge, die Vernetzung elektronischer Geräte mit weltweiten Datenströmen, nun auch die Küchenkultur.
Kein Kochlöffel wird künftig auf dem anderen bleiben, denn nach Prognosen von Trendforschern werden im Jahr 2020 die meisten Haushaltsgeräte vernetzt sein, zudem werden Wohneinheiten kleiner, aber cleverer, kombiniert mit Gemeinschaftsräumen fürs Kochen, Essen oder Feiern. Allerdings wird diese Entwicklung nur erfolgreich sein, wenn von Beginn an Nachhaltigkeitsaspekte mit berücksichtigt werden, denn die Küche von morgen wird nicht nur smart, sondern auch ökologisch sein. Deshalb nimmt das Thema Nachhaltigkeit auch einen wichtigen Platz in der neuen Präsentationsfläche ein („the place to be“).



Nicht nur ökologische Gesichtspunkte

Trendforscher versprechen sich von der Küche der Zukunft, dass sie unsere Ernährung gesünder und den Genuss vielseitiger macht. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass nachhaltige Lebensweisen bereits in der Gestaltung unseres Alltags und Lebensumfelds immer mehr an Bedeutung gewinnen. Das gilt auch für die Einrichtung und Nutzung der Küche. Dabei sind nicht nur ökologische Gesichtspunkte von Bedeutung, sondern auch die Steigerung der eigenen Lebensqualität durch gesunde Nahrungsmittel sowie die Verwendung nachhaltig produzierter Küchenmöbel und Elektrogeräte.
Weiterführende Informationen: „Zum Wohle!“ Warum Gemeinschaft und Genuss zusammengehören.
Küchen-Kultur und Lebensart: Warum Verantwortung nicht zwischen Herd und Kühlschrank aufhört. Von: Claudia Silber und Alexandra Hildebrandt. Amazon Media, Kindle Edition 2020.


Copyright Steffi Henn
Copyright Steffi Henn
Autorin und Interviewpartnerin Dr. Alexandra Hildebrandt ist Nachhaltigkeitsexpertin und Wirtschaftspsychologin. Sie studierte Literaturwissenschaft, Psychologie und Buchwissenschaft. Anschließend war sie viele Jahre in oberen Führungspositionen der Wirtschaft tätig. Bis 2009 arbeitete sie als Leiterin Gesellschaftspolitik und Kommunikation bei der KarstadtQuelle AG (Arcandor). Beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) war sie von 2010 bis 2013 Mitglied der DFB-Kommission Nachhaltigkeit. Den Deutschen Industrie- und Handelskammertag unterstützte sie bei der Konzeption und Durchführung des Zertifikatslehrgangs „CSR-Manager (IHK)“. Alexandra Hildebrandt ist Sachbuchautorin, Hochschuldozentin, Herausgeberin und Mitinitiatorin der Initiative www.gesichter-der-nachhaltigkeit.de. Sie bloggt regelmäßig für die Huffington Post zu Nachhaltigkeitsthemen und ist Co-Publisherin der Zeitschrift „REVUE. Magazine for the Next Society”.

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